Kanzlei für Wirtschaftsstrafrecht
Arrest und Vermögensabschöpfung
Kontopfändung, Vermögensarrest oder drohende Einziehung? Als Fachanwalt für Strafrecht verteidige ich Unternehmer und Geschäftsführer gegen vermögensabschöpfende Maßnahmen im Wirtschaftsstrafrecht. Mit über 10 Jahren Erfahrung kenne ich die existenzbedrohenden Auswirkungen – und die rechtlichen Möglichkeiten, Ihr Vermögen zu schützen.
Im Wirtschaftsstrafrecht ist der Vermögensarrest oft die erste und härteste Maßnahme der Staatsanwaltschaft. Noch bevor Schuld oder Unschuld geklärt sind, können eingefrorene Konten und beschlagnahmte Vermögenswerte die wirtschaftliche Handlungsfähigkeit eines Unternehmens lahmlegen. Die Reform des Vermögensabschöpfungsrechts 2017 hat die Möglichkeiten der Ermittlungsbehörden drastisch erweitert – das sogenannte "Bruttoprinzip" erlaubt nun die vollständige Abschöpfung von Taterträgen, unabhängig davon, ob noch Gewinne vorhanden sind.
Die Existenzbedrohung: Arrest vor Urteil
Der dingliche Arrest nach § 111b StPO trifft Unternehmer oft unvorbereitet. Die Staatsanwaltschaft muss lediglich einen "hinreichenden Tatverdacht" darlegen – ein niedriger Standard, der in der Praxis schnell erreicht ist.
Die Folgen sind dramatisch: Geschäftskonten werden mit sofortiger Wirkung eingefroren, wodurch laufende Zahlungsverpflichtungen nicht mehr bedient werden können. Betriebsvermögen wie Fahrzeuge, Maschinen oder Immobilien werden mit Arrest belegt. Die Veräußerung von GmbH-Anteilen wird durch eine Handelsregistersperre unmöglich gemacht. Gehälter, Mieten und Lieferanten können nicht mehr bezahlt werden, was zu einem akuten Liquiditätsengpass führt. Geschäftspartner und Banken verlieren das Vertrauen, der Reputationsschaden kann irreparabel sein.
Diese Maßnahmen erfolgen regelmäßig bereits im Ermittlungsverfahren – lange bevor ein Gericht über Schuld oder Unschuld entschieden hat. Der wirtschaftliche Schaden kann das Unternehmen in die Insolvenz treiben, selbst wenn sich die Vorwürfe später als haltlos erweisen.
Im Bereich des Wirtschaftsstrafrechts zählen Vermögensabschöpfung und Arrest zu den wichtigsten Mitteln der Strafverfolgungsbehörden und stellen gerade zu Beginn des Strafverfahrens eine der größten Belastungen für Unternehmen und deren Unternehmer dar.
Sinn und Zweck der Vermögensabschöpfung
Arrest und Vermögensabschöpfung dienen dem Ziel, unrechtmäßig erlangte Vermögenswerte sicherzustellen und geschädigten Parteien eine finanzielle Entschädigung zu ermöglichen. Nach der Reform des Vermögensabschöpfungsrechts 2017 können nun auch Vermögenswerte eingezogen werden, die dem Täter mittelbar zugeflossen sind. Dieses „Bruttoprinzip" ermöglicht die vollständige Einziehung der Taterträge, unabhängig davon, ob dem Täter noch Vermögenswerte im Sinne des erzielten Gewinns zur Verfügung stehen. Die Reform hat diese Maßnahmen über alle Deliktsbereiche des Wirtschaftsstrafrechts hinaus erheblich erleichtert und ausgeweitet.
Eine maßgebliche Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 24.10.2018 – 3 StR 192/18) bestätigte, dass der Vermögensarrest auch dann angewandt werden kann, wenn Vermögenswerte mittelbar durch Straftaten erlangt wurden. Dies unterstreicht das erweiterte Bruttoprinzip, bei dem nicht nur unmittelbare Gewinne, sondern sämtliche Vorteile erfasst werden.
Neben den Risiken der Bestrafung eines Strafverfahrens rückt damit die Frage des finanziellen Ruins immer mehr in den Fokus der Verteidigung. Auch dann, wenn zu Unrecht ein Verfahren eingeleitet wird, kann die vorläufige Maßnahme der Arrestierung den wirtschaftlichen Ruin des Unternehmens bedeuten.
Sofortmaßnahmen bei Arrestanordnung
Wurde gegen Sie oder Ihr Unternehmen ein Vermögensarrest verhängt, ist schnelles und strategisches Handeln entscheidend. Als unverzügliche rechtliche Schritte kommt zunächst die Beschwerde gegen den Arrestbeschluss in Betracht. Parallel dazu sollte ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gegen Sicherheitsleistung geprüft werden. In vielen Fällen lässt sich eine Teilfreigabe für betriebsnotwendige Mittel erwirken, um den laufenden Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten. Bei existenzbedrohenden Folgen kann zusätzlich ein Härtefallantrag gestellt werden.
Die Dokumentation und Beweissicherung spielt eine zentrale Rolle für die erfolgreiche Verteidigung. Alle Arrestbeschlüsse und Verfügungen müssen sorgfältig gesammelt und ausgewertet werden. Betriebliche Notwendigkeiten wie Gehaltslisten, Mietverträge und laufende Verbindlichkeiten sind zu dokumentieren. Die Herkunft der arrestierten Vermögenswerte muss nachvollziehbar belegt werden können. Zudem sollten alle durch den Arrest entstehenden Geschäftsschäden genau erfasst werden, um später eventuelle Schadensersatzansprüche geltend machen zu können.
Auf operativer Ebene müssen alternative Zahlungswege geprüft werden. Treuhandkonten oder Drittkonten können eine Möglichkeit darstellen, den Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten. Die Kommunikation mit Geschäftspartnern und Mitarbeitern muss sorgfältig gesteuert werden, um Vertrauensverluste zu minimieren. Insolvenzrisiken sind frühzeitig zu evaluieren, und die steuerlichen Auswirkungen des Arrests müssen beachtet werden.
Besondere Fallkonstellationen
Der Vermögensarrest bei Steuerstraftaten stellt eine besonders häufige Konstellation dar. Die enge Verzahnung zwischen Finanzamt und Staatsanwaltschaft führt dazu, dass Arrestanordnungen hier besonders schnell erfolgen. Als Verteidigungsstrategie kommt zunächst die frühzeitige Prüfung einer strafbefreienden Selbstanzeige in Betracht. Oft lassen sich Ratenzahlungsvereinbarungen verhandeln, die den Arrest überflüssig machen. Die Trennung von Steuer- und Strafverfahren kann zusätzliche taktische Vorteile bieten.
Bei Insolvenzdelikten wie der Insolvenzverschleppung droht regelmäßig der Zugriff auf das Privatvermögen des Geschäftsführers. Die Abgrenzung zwischen betrieblichem und privatem Vermögen wird hier zum zentralen Streitpunkt. Der Nachweis ordnungsgemäßer Geschäftsführung und die lückenlose Dokumentation aller Sanierungsbemühungen sind essentiell für eine erfolgreiche Verteidigung.
Vermögensabschöpfung bei Betrugsvorwürfen im Wirtschaftsleben erfordert eine besonders sorgfältige Abgrenzung zum zivilrechtlichen Erfüllungsrisiko. Der Nachweis fehlenden Täuschungsvorsatzes steht hier im Mittelpunkt. Eine vollständige Dokumentation der Geschäftsabläufe kann den Unterschied zwischen strafrechtlicher Verfolgung und zivilrechtlicher Auseinandersetzung ausmachen.

Rechtsanwalt Felix Haug
Fachanwalt für Strafrecht
Tätigkeitsschwerpunkt Wirtschaftsstrafrecht
Über 10 Jahre Erfahrung
Kanzlei am Kurfürstendamm 66 | 10707 Berlin
Praktische Anwendung und Statistiken
In der Praxis wird der Vermögensarrest oft bereits im Ermittlungsverfahren angeordnet. Dadurch können Kontopfändungen und die Beschlagnahme von Eigentum dazu führen, dass Unternehmen schnell in ihrer wirtschaftlichen Handlungsfähigkeit eingeschränkt werden. So wurden im Jahr 2018 allein durch die Justizbehörden in Nordrhein-Westfalen etwa 77,2 Millionen Euro durch Vermögensabschöpfung sichergestellt – fast doppelt so viel wie 2016. In Niedersachsen führte ein einzelnes Verfahren gegen Volkswagen zu einer rekordverdächtigen Einziehungssumme von über einer Milliarde Euro.
Trotz dieser Erfolge kritisieren Experten, dass das Abschöpfungspotenzial oft nicht ausgeschöpft wird. Gründe sind die Komplexität der Ermittlungen und der hohe Beweisaufwand. Schätzungen zufolge könnte durch effizientere Umsetzung deutlich mehr Vermögen abgeschöpft werden.
Voraussetzungen und Verteidigungsstrategien
Die rechtlichen Grundlagen finden sich in den §§ 73 ff. StGB und §§ 111b-g StPO. Diese Regelungen erlauben es der Staatsanwaltschaft, Vermögenswerte einzufrieren und einzuziehen, sobald ein Zusammenhang zwischen den Vermögenswerten und einer Straftat besteht. Der Bundesgerichtshof betonte in einem weiteren Urteil (BGH, Beschluss vom 05.07.2022 – 1 StR 274/22), dass die Einziehung nur durchgeführt werden kann, wenn das erlangte Vermögen sicher nachweisbar ist. Bestehen Unsicherheiten, muss die Abschöpfungssumme entsprechend angepasst werden, was die Notwendigkeit einer sorgfältigen Ermittlung unterstreicht.
Das Bundesverfassungsgericht entschied außerdem (BVerfG, Beschluss vom 15.12.2020 – 2 BvR 2105/16), dass die Einziehung von Vermögenswerten nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen darf. Besonders wenn die Einziehungsmaßnahmen für die Betroffenen existenzbedrohende Folgen haben, ist eine restriktive Anwendung erforderlich.
Für eine wirksame Verteidigung ist eine umfassende Kenntnis der Einziehungs- und Arrestvoraussetzungen unerlässlich, um die Folgen für die Mandanten zu minimieren. In wirtschaftsrechtlichen Verfahren können Verhandlungen mit den Ermittlungsbehörden oft zu Lösungen führen, die den wirtschaftlichen Betrieb eines betroffenen Unternehmens trotz Arrests ermöglichen. Die rechtliche Strategie kann daher auch kurzfristige Gespräche und die Vorbereitung eines Beschwerdeverfahrens umfassen, um die Einziehung auf das Notwendige zu begrenzen.
Erfolgreiche Strategien
Ein zentraler Ansatzpunkt der Verteidigung ist der Angriff auf die Tatbestandsvoraussetzungen. Nicht jeder wirtschaftliche Misserfolg ist eine Straftat. Wir prüfen kritisch, ob überhaupt ein strafrechtlich relevantes Verhalten vorliegt. Oft fehlt es bereits an der erforderlichen Täuschung oder dem notwendigen Vorsatz. In vielen Fällen handelt es sich tatsächlich um einen reinen Zivilrechtsstreit, der fälschlicherweise strafrechtlich aufgeladen wird.
Die Herkunft der Vermögenswerte bildet einen weiteren wichtigen Verteidigungsansatz. Der Nachweis legaler Herkunft kann den Arrest zu Fall bringen. Dabei ist zu prüfen, ob die Gelder aus anderen, legalen Geschäften stammen und ob überhaupt ein zeitlicher Zusammenhang zur vorgeworfenen Tat besteht. Die Vermischung mit legalem Vermögen macht eine Abgrenzung oft schwierig und bietet Ansatzpunkte für die Verteidigung.
Die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs und verfassungsrechtliche Schranken bieten weitere Verteidigungsmöglichkeiten. Das Bundesverfassungsgericht hat klare Grenzen gesetzt: Eine Existenzvernichtung durch Strafverfolgung ist unzulässig. Drittinteressen wie die von Arbeitnehmern oder Familienangehörigen müssen berücksichtigt werden. Die Gerichte müssen eine Abwägung zwischen dem staatlichen Sicherungsinteresse und der Eingriffsintensität vornehmen.
FAQ - Häufige Fragen zum Vermögensarrest
Die Dauer ist nicht gesetzlich begrenzt. Der Arrest kann bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens bestehen bleiben - das können Jahre sein. Umso wichtiger ist eine schnelle anwaltliche Intervention.
Kann die Staatsanwaltschaft ohne Urteil mein Konto sperren?
Ja, bereits bei Tatverdacht kann ein Vermögensarrest nach § 111b StPO angeordnet werden. Ein rechtskräftiges Urteil ist nicht erforderlich. Die Maßnahme dient der Sicherung einer späteren Vermögensabschöpfung.