
Vorladung Untreue § 266 StGB: Was droht bei Ermittlungen?
20. Mai 2025
Vorladung wegen Untreue (§ 266 StGB): Was tun als Geschäftsführer oder Vorstand?
Ein Ermittlungsverfahren wegen Untreue trifft viele Beschuldigte überraschend. Die Vorladung nach § 266 StGB wegen Untreue wirft nicht nur juristische Fragen auf – sie kann auch die berufliche Existenz gefährden. Denn im Zentrum steht meist eine unternehmerische Entscheidung, die im Nachhinein als Pflichtverletzung bewertet wird. Doch was genau ist Untreue im strafrechtlichen Sinne – und wie sollte man sich bei einer solchen Vorladung verhalten?
Untreue: Ein dehnbarer Tatbestand mit klaren Anforderungen
§ 266 StGB stellt zwei Konstellationen unter Strafe: den Missbrauch und den Treuebruch. In der wirtschaftsstrafrechtlichen Praxis dominiert die sogenannte Treuebruchuntreue – also die Verletzung einer rechtlich begründeten Vermögensbetreuungspflicht mit der Folge eines Vermögensnachteils für den Verpflichteten.
Typischerweise betrifft dies Geschäftsführer, Vorstände, Prokuristen oder leitende Mitarbeiter. Ihnen wird vorgeworfen, durch Entscheidungen wie unzulässige Auszahlungen, risikoreiche Investitionen oder Abweichungen von internen Regelungen das Unternehmensvermögen geschädigt zu haben.
Die Abgrenzung zwischen erlaubtem unternehmerischem Ermessen und strafbarer Pflichtverletzung ist jedoch nicht immer eindeutig. In der Praxis wird der Untreuetatbestand daher zuweilen als „Gummiparagraph“ kritisiert. Entscheidend ist nicht, ob eine Entscheidung wirtschaftlich erfolgreich war – sondern, ob sie im Zeitpunkt der Handlung noch vom Verantwortungsrahmen gedeckt war.
Der Bundesgerichtshof betont in ständiger Rechtsprechung, dass wirtschaftliches Fehlverhalten allein keine Strafbarkeit begründet:
„Eine Pflichtverletzung liegt insbesondere dann vor, wenn schlechthin unvertretbares Vorstandshandeln vorliegt und sich der Leitungsfehler auch einem Außenstehenden förmlich aufdrängen muss.“
(BGH, Beschl. v. 17.12.2020 – 3 StR 403/19)
Entscheidend ist damit stets eine Ex-ante-Betrachtung der Maßnahme, also aus Sicht zum Zeitpunkt der Entscheidung – nicht rückblickend nach ihrem Scheitern.
Vorladung als Beschuldigter: Was droht?
Das Ermittlungsverfahren beginnt häufig mit einer schriftlichen Ladung zur Vernehmung. Diese sollte in jedem Fall ernst genommen werden. Bereits zu diesem Zeitpunkt können unbedachte Äußerungen den weiteren Verlauf maßgeblich beeinflussen.
Grundlage ist meist eine Strafanzeige – etwa durch Mitgesellschafter, Compliance-Abteilungen, Betriebsprüfer oder ehemalige Kollegen. Auch interne Untersuchungen können Anlass zur Einleitung eines Verfahrens sein.
Obwohl die Unschuldsvermutung gilt, kann bereits das Ermittlungsverfahren erhebliche Folgen haben: interne Suspendierung, Kündigung, Ausschluss aus der Geschäftsführung, Ansehensverlust oder – bei Berufsträgern – berufsrechtliche Konsequenzen nach § 6 GmbHG oder beamtenrechtlichen Regelungen.
Der Bundesgerichtshof hat die Bedeutung dieser frühen Verfahrensphase betont:
„Im Wirtschaftsstrafrecht entscheidet sich der Ausgang eines Verfahrens häufig im Ermittlungsstadium – durch sachgerechte Darstellung der unternehmerischen Entscheidungssituation.“
(BGH, Urt. v. 22.11.2005 – 1 StR 571/04)
Richtiges Verhalten: Keine Einlassung ohne Akteneinsicht
Die wichtigste Regel lautet: Keine Angaben zur Sache, bevor nicht ein Verteidiger Akteneinsicht genommen hat. Das Schweigerecht ist kein Schuldeingeständnis – sondern ein elementares Verteidigungsmittel.
Auch wenn Ermittlungsbeamte ein Gespräch anbieten oder „nur ein paar Fragen“ klären wollen: Bleiben Sie freundlich, aber zurückhaltend. Verweisen Sie auf anwaltlichen Beistand und geben Sie keine Erklärungen ab – auch nicht in Nebensätzen.
Ein spezialisierter Verteidiger wird zunächst Einsicht in die Ermittlungsakte beantragen und prüfen, auf welcher Grundlage das Verfahren geführt wird. Dabei kommt es insbesondere auf folgende Fragen an:
-
Bestand überhaupt eine rechtlich relevante Vermögensbetreuungspflicht?
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Ist eine Pflichtverletzung substantiiert beschrieben?
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Liegt ein bezifferbarer Vermögensnachteil vor – und ist dieser zurechenbar?
In vielen Fällen lässt sich bereits im Ermittlungsverfahren durch eine gut vorbereitete Stellungnahme, durch betriebswirtschaftliche Einordnung oder durch Gremienprotokolle eine Verfahrenseinstellung erreichen.
Was droht bei einer Vorladung wegen § 266 StGB Untreue?
Die Untreue wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In besonders schweren Fällen drohen sogar bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe (§ 266 Abs. 2 StGB). Die Schwelle ist nicht hoch: Bereits ein Vermögensnachteil von über 50.000 Euro oder eine wiederholte Tatbegehung können ausreichen.
Für Geschäftsführer oder Berufsträger wie Rechtsanwälte, Steuerberater, Ärzte oder Beamte kommen berufsrechtliche Konsequenzen hinzu. Bei Organmitgliedern kann ein Tätigkeitsverbot (§ 6 Abs. 2 GmbHG) ausgesprochen werden. Auch Rücktritt oder Ausschluss aus Gremien droht.
Fazit
Ein Ermittlungsverfahren wegen Untreue ist eine ernste Situation – aber kein Grund zur Panik. Entscheidend ist, nicht unüberlegt zu handeln und sich nicht frühzeitig festzulegen. Der Tatbestand des § 266 StGB ist komplex. Wann eine Pflichtverletzung strafbar wird, hängt vom Einzelfall ab – von Entscheidungsrahmen, Struktur, Beteiligung und Dokumentation.
Wer eine Vorladung wegen § 266 StGB Untreue erhält, sollte frühzeitig anwaltlichen Beistand suchen, um das Verfahren aktiv zu gestalten – und nicht selten bereits im Ermittlungsstadium zur Einstellung zu bringen.