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Geldwäscheverdacht Unternehmer: Die unterschätzte Gefahr für Zahlungsempfänger

21. Juni 2025

Ein mittelständischer Bauunternehmer aus Berlin erhält 180.000 Euro für einen abgeschlossenen Auftrag. Die Überweisung erfolgt pünktlich, die Arbeiten sind ordnungsgemäß erbracht. Drei Monate später der Schock: Geldwäscheverdacht gegen den Unternehmer. Durchsuchung im Morgengrauen, Vermögensarrest über sämtliche Geschäftskonten. Der Vorwurf: Geldwäsche als Zahlungsempfänger nach § 261 StGB. Der Auftraggeber hatte das Geld durch Anlagebetrug erlangt – wovon der Handwerker nichts wusste.

Dieses Szenario ist kein Einzelfall. Mit der Ausweitung des Geldwäschetatbestands durch den „All-Crimes-Ansatz“ seit 2021 geraten immer mehr unbeteiligte Unternehmer in Geldwäscheverdacht. Sie werden zu Opfern zweiter Ordnung: Erst erbringen sie ordnungsgemäß ihre Leistung, dann werden sie selbst zum Beschuldigten. Die Financial Intelligence Unit (FIU) verzeichnet jährlich über 300.000 Verdachtsmeldungen.

Warum Geldwäscheverdacht gegen Unternehmer zum Alltag wird

Die Konstellation ist juristisch komplex, praktisch aber alltäglich: Ein Betrüger erlangt durch strafbare Handlungen Geldmittel – sei es durch Anlagebetrug, CEO-Fraud, Fake-Shops oder schlichte Warenkreditbetrügereien. Diese Gelder fließen in den regulären Wirtschaftskreislauf, wenn der Betrüger damit legitime Waren oder Dienstleistungen bezahlt.

Der Zahlungsempfänger – typischerweise ein redlicher Geschäftsmann – gerät nun in eine prekäre Lage. Nach § 261 Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer einen Gegenstand, der aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, sich oder einem Dritten verschafft. Seit der Gesetzesreform 2021 genügt jede Straftat als Vortat – der frühere Katalog schwerer Straftaten wurde gestrichen.

Die Staatsanwaltschaften stehen unter erheblichem Verfolgungsdruck. Die Zahl der Geldwäsche-Verdachtsmeldungen hat sich seit 2020 mehr als verdoppelt. Wird bekannt, dass Gelder aus Straftaten stammen, werden reflexartig Ermittlungen gegen jeden eingeleitet, der mit diesen Geldern in Kontakt kam. Die Logik: Wer als Unternehmer unter Geldwäscheverdacht steht, könnte tatsächlich Geldwäscher sein.

Vom Vorsatz zur Leichtfertigkeit – die Beweislastverschiebung

In der Praxis scheitert der Nachweis vorsätzlicher Geldwäsche regelmäßig. Kein Handwerker, Autoverkäufer oder Dienstleister nimmt bewusst Geld an, von dem er weiß, dass es aus Straftaten stammt. Doch § 261 Abs. 6 StGB bietet den Staatsanwaltschaften einen Ausweg: die leichtfertige Geldwäsche.

Der BGH hat in ständiger Rechtsprechung definiert, wann Leichtfertigkeit vorliegt. Nach dem Grundsatzurteil vom 11.9.2014 (4 StR 312/14, NStZ-RR 2015, 13) handelt leichtfertig, wem sich die Herkunft des Geldes aus einer Straftat „geradezu aufdrängen“ musste, er dies aber aus grober Unachtsamkeit nicht erkannte.

Die Praxis zeigt: Diese Schwelle wird schnell erreicht. Typische „Verdachtsmomente“, die Staatsanwaltschaften bei Geldwäscheverdacht gegen Unternehmer anführen:

  • Barzahlungen über 10.000 Euro
  • Zahlungen von Neukunden ohne längere Geschäftsbeziehung
  • Überweisungen aus dem Ausland
  • Ungewöhnlich schnelle Zahlungsbereitschaft
  • Fehlende Verhandlungen über den Preis

Das Problem: All dies sind auch Merkmale seriöser Geschäfte. Der vermögende Privatmann, der sein neues Auto bar bezahlt, ist ebenso wenig verdächtig wie das Unternehmen, das zur Sicherung seiner Lieferkette Vorkasse leistet.

Die fatalen Folgen von Geldwäscheverdacht gegen Unternehmer

Sobald die Staatsanwaltschaft Kenntnis von möglichen Geldwäschehandlungen erlangt, folgt ein eingeübtes Procedere:

Vermögensarrest nach § 111e StPO: Die vermeintlichen Taterlöse werden „eingefroren“. Nicht nur die konkrete Zahlung, sondern oft das gesamte Geschäftskonto wird blockiert. Die Begründung: Vermögensvermischung. Haben sich legale und möglicherweise illegale Gelder vermischt, arrestiert die Staatsanwaltschaft vorsorglich alles.

Durchsuchungen: Geschäfts- und Privaträume werden durchsucht, Computer und Unterlagen beschlagnahmt. Der Geschäftsbetrieb kommt zum Erliegen.

Rufschädigung: Durchsuchungen bleiben nicht verborgen. Kunden und Lieferanten werden misstrauisch, Banken kündigen Konten, Geschäftspartner distanzieren sich.

Vermögensabschöpfung: Selbst bei einem Freispruch droht die Einziehung nach § 73 ff. StGB. Die Beweislast kehrt sich faktisch um: Der Beschuldigte muss die legale Herkunft seines gesamten Vermögens nachweisen.

Die Abgrenzung: Wann greift § 261 Abs. 7 StGB?

Ein wichtiger Verteidigungsansatz liegt in § 261 Abs. 7 StGB. Wer wegen Beteiligung an der Vortat strafbar ist, wird nur dann wegen Geldwäsche bestraft, wenn er den Gegenstand „in den Verkehr bringt und dabei dessen rechtswidrige Herkunft verschleiert“.

Diese Regelung hilft jedoch dem redlichen Geschäftsmann selten. Er war gerade nicht an der Vortat beteiligt – er ist vielmehr deren mittelbares Opfer. Die Norm schützt primär den Betrüger selbst, der seine Beute nutzt, nicht aber den gutgläubigen Empfänger.

Die Rechtsprechung ist hier eindeutig: Wer Geld für eine erbrachte Leistung erhält, ohne von der Vortat zu wissen, kann sich nicht auf § 261 Abs. 7 StGB berufen. Er bleibt dem Geldwäschevorwurf ausgesetzt.

Geldwäscheverdacht bei Unternehmern: Typische Risikokonstellationen

Der Autohändler: Verkauft ein Fahrzeug gegen Barzahlung. Monate später stellt sich heraus: Das Geld stammte aus Drogengeschäften. Der Händler gerät unter Geldwäscheverdacht.

Der IT-Dienstleister: Programmiert eine Website für einen Kunden. Die Zahlung erfolgt prompt. Später zeigt sich: Der Kunde betrieb einen Fake-Shop. Der Programmierer wird der Geldwäsche verdächtigt.

Der Bauunternehmer: Saniert ein Haus, erhält sein Geld. Der Auftraggeber hatte es durch Anlagebetrug erlangt. Durchsuchung und Vermögensarrest folgen.

Der App-Tester: Eine neue Variante sind Personen, die gegen Bezahlung Apps „testen“ sollen. Tatsächlich werden ihre Konten für Geldtransfers missbraucht. Hier liegt die Leichtfertigkeit oft näher.

Verteidigungsstrategien bei Geldwäscheverdacht für Unternehmer

Die Verteidigung muss mehrgleisig ansetzen:

Dokumentation der Geschäftsbeziehung: Jeder Kontakt, jede Verhandlung, jeder Arbeitsschritt muss belegt werden. Je normaler und nachvollziehbarer das Geschäft, desto schwerer der Leichtfertigkeitsvorwurf.

Nachweis der Marktüblichkeit: War der Preis angemessen? Entsprach die Zahlungsweise branchenüblichen Gepflogenheiten? Externe Gutachten können helfen.

Compliance-Strukturen aufzeigen: Auch kleine Unternehmen sollten dokumentieren, dass sie auf offensichtliche Warnsignale achten. Ein einfaches Compliance-System kann den Leichtfertigkeitsvorwurf entkräften.

Aktive Verteidigung gegen Arrests: Die Beschwerde nach § 304 StPO gegen Vermögensarreste muss schnell erfolgen. Jeder Tag zählt, um die Liquidität zu sichern.

Vermögensnachweis vorbereiten: Für die drohende Einziehung müssen sämtliche Vermögenswerte und deren Herkunft dokumentiert werden. Dies sollte präventiv erfolgen.

Die unterschätzte Gefahr: Vermögensabschöpfung trotz Freispruch

Selbst wenn die Staatsanwaltschaft keinen Vorsatz oder keine Leichtfertigkeit nachweisen kann, droht die Vermögensabschöpfung. Nach § 73 StGB ist einzuziehen, was durch die Tat erlangt wurde. Bei Geldwäsche ist dies der gesamte Geldbetrag – unabhängig von der erbrachten Gegenleistung.

Die Rechtsprechung des BGH ist hier gnadenlos: Auch der gutgläubige Empfänger muss damit rechnen, dass inkriminierte Gelder abgeschöpft werden. Der Verweis auf zivilrechtliche Ansprüche gegen den Betrüger ist praktisch wertlos – dieser ist meist insolvent oder untergetaucht.

Präventive Maßnahmen für Unternehmer

Um das Risiko zu minimieren, sollten Unternehmer folgende Grundsätze beachten:

Know Your Customer: Auch im B2B-Bereich sollten Neukunden geprüft werden. Handelsregisterauszüge, Internetrecherchen und Bonitätsauskünfte sind Mindeststandards.

Dokumentation: Jedes Geschäft sollte lückenlos dokumentiert werden – von der Anfrage über die Auftragserteilung bis zur Zahlung.

Zahlungswege hinterfragen: Bei ungewöhnlichen Zahlungsmodalitäten – etwa Zahlung durch Dritte oder aus dem Ausland – sollte nachgefragt werden.

Warnsignale ernst nehmen: Drängt ein Kunde auf ungewöhnlich schnelle Abwicklung? Will er unbedingt bar zahlen? Solche Signale sollten zu erhöhter Wachsamkeit führen.

Fazit

Die Ausweitung des Geldwäschetatbestands hat zu einer paradoxen Situation geführt: Redliche Geschäftsleute, die ordnungsgemäß ihre Leistungen erbringen, werden als Geldwäsche-Zahlungsempfänger zu Kollateralschäden der Geldwäschebekämpfung. Sie tragen das Risiko, dass ihre Geschäftspartner Straftäter sind.

Die Verteidigung gegen Geldwäschevorwürfe erfordert Expertise und schnelles Handeln. Insbesondere die Abwehr von Vermögensarresten und die Vorbereitung auf Einziehungsverfahren dulden keinen Aufschub. Die beste Verteidigung bleibt jedoch die Prävention: Wer seine Geschäfte sorgfältig dokumentiert und auf Warnsignale achtet, kann den Leichtfertigkeitsvorwurf meist entkräften.

Für die Rechtspolitik bleibt die Frage, ob die aktuelle Regelung nicht über das Ziel hinausschießt. Wenn jeder Zahlungsempfänger zum potentiellen Geldwäscher wird, gefährdet dies den Wirtschaftsverkehr insgesamt. Bis zu einer Reform bleibt Unternehmern nur, sich der Risiken bewusst zu sein und entsprechend vorzusorgen.


Weiterführend: Zur Problematik des Vermögensarrests siehe unseren Beitrag Kontosperre durch Vermögensarrest. Die Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme behandelt unser Artikel Mittäterschaft beim Betrug.

Autor

zu sehen ist ein Portrait des Fachanwalts Felix Haug.
Rechtsanwalt Felix F. Haug
  • Fachanwalt für Strafrecht
  • Kanzlei für Wirtschaftsstrafrech
  • Spezialisierung bei Vorwürfe der Geldwäsche