Vorladung zur Vernehmung wegen Untreue nach § 266 StGB – Ermittlungsverfahren gegen Geschäftsführer
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Vorladung Untreue § 266 StGB: Was droht bei Ermittlungen?

6. Juni 2025

Vorladung wegen Untreue (§ 266 StGB): Was tun als Geschäftsführer oder Vorstand?

Ein Ermittlungsverfahren wegen Untreue trifft viele Beschuldigte überraschend. Die Vorladung nach § 266 StGB wirft nicht nur juristische Fragen auf – sie kann auch die berufliche Existenz gefährden. Meist geht es um eine unternehmerische Entscheidung, die im Nachhinein als Pflichtverletzung bewertet wird. Doch was genau ist Untreue im strafrechtlichen Sinne – und wie sollte man auf eine solche Vorladung reagieren?

Was bedeutet Untreue im Strafrecht?

§ 266 StGB stellt zwei Verhaltensweisen unter Strafe: den Missbrauch und den Treuebruch. In der wirtschaftsstrafrechtlichen Praxis geht es fast immer um den Treuebruch. Dabei steht die Verletzung einer rechtlich begründeten Vermögensbetreuungspflicht im Mittelpunkt. Folge ist ein Vermögensnachteil für das betreute Vermögen.

Typische Beschuldigte sind Geschäftsführer, Vorstände, Prokuristen oder leitende Mitarbeiter. Der Vorwurf: Sie sollen das Unternehmensvermögen geschädigt haben – etwa durch unzulässige Auszahlungen, risikoreiche Investitionen oder Verstöße gegen interne Regelungen.

Die Abgrenzung zwischen zulässigem unternehmerischem Ermessen und strafbarer Pflichtverletzung ist oft schwierig. In der Praxis gilt der Untreuetatbestand daher als „Gummiparagraph“. Entscheidend ist nicht, ob eine Entscheidung erfolgreich war – sondern, ob sie im Zeitpunkt der Handlung noch vom Verantwortungsrahmen gedeckt war.

Der Bundesgerichtshof (BGH) betont:

„Eine Pflichtverletzung liegt insbesondere dann vor, wenn schlechthin unvertretbares Vorstandshandeln vorliegt und sich der Leitungsfehler auch einem Außenstehenden förmlich aufdrängen muss.“
(BGH, Beschl. v. 17.12.2020 – 3 StR 403/19)

Es kommt also stets auf die Ex-ante-Betrachtung an – also auf die Sicht zum Zeitpunkt der Entscheidung, nicht auf deren späteres Ergebnis.

Was passiert bei einer Vorladung wegen Untreue?

Oft beginnt das Ermittlungsverfahren mit einer schriftlichen Ladung zur Vernehmung. Diese sollte man unbedingt ernst nehmen. Schon zu diesem Zeitpunkt können unbedachte Äußerungen den weiteren Verlauf stark beeinflussen.

Häufig geht die Anzeige von Mitgesellschaftern, Compliance-Abteilungen, Betriebsprüfern oder ehemaligen Kollegen aus. Auch interne Untersuchungen können das Verfahren auslösen.

Obwohl die Unschuldsvermutung gilt, kann schon das Ermittlungsverfahren ernsthafte Konsequenzen haben: z. B. Suspendierung, Kündigung, Rücktritt aus der Geschäftsführung, Ansehensverlust oder – bei Berufsträgern – berufsrechtliche Folgen (z. B. nach § 6 GmbHG oder beamtenrechtlichen Vorschriften).

Der BGH betont:

„Im Wirtschaftsstrafrecht entscheidet sich der Ausgang eines Verfahrens häufig im Ermittlungsstadium – durch sachgerechte Darstellung der unternehmerischen Entscheidungssituation.“
(BGH, Urt. v. 22.11.2005 – 1 StR 571/04)

Wie sollte man sich bei einer Vorladung verhalten?

Die wichtigste Regel lautet: Keine Aussage zur Sache, bevor nicht ein Verteidiger Akteneinsicht genommen hat.Schweigen bedeutet kein Schuldeingeständnis – im Gegenteil: Es ist ein zentrales Verteidigungsmittel.

Auch wenn Ermittlungsbeamte ein Gespräch anbieten oder „nur ein paar Fragen“ klären wollen: Bleiben Sie freundlich, aber sagen Sie nichts zur Sache. Verweisen Sie auf anwaltlichen Beistand – auch in Nebensätzen oder beiläufigen Bemerkungen sollten keine inhaltlichen Angaben erfolgen.

Ein spezialisierter Strafverteidiger wird zunächst die Ermittlungsakte einsehen. Dabei sind insbesondere folgende Fragen entscheidend:

  • Gab es überhaupt eine rechtlich relevante Vermögensbetreuungspflicht?

  • Ist die behauptete Pflichtverletzung konkret beschrieben?

  • Liegt ein messbarer Vermögensnachteil vor – und ist dieser zurechenbar?

In vielen Fällen lässt sich schon im Ermittlungsverfahren durch eine schriftliche Einlassung, betriebswirtschaftliche Erläuterungen oder Gremienprotokolle eine Einstellung erreichen.

Welche Strafen drohen bei Untreue nach § 266 StGB?

Die Untreue wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In besonders schweren Fällen sind sogar bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe möglich (§ 266 Abs. 2 StGB). Die Schwelle dafür liegt nicht sehr hoch: Ein Schaden über 50.000 Euro oder wiederholtes Handeln genügt häufig.

Für Geschäftsführer oder Berufsträger wie Rechtsanwälte, Steuerberater, Ärzte oder Beamte drohen zusätzlich berufsrechtliche Konsequenzen. Organmitglieder können zudem mit einem Tätigkeitsverbot (§ 6 Abs. 2 GmbHG) belegt werden. Auch Rücktritt oder Ausschluss aus Gremien sind möglich.

Fazit: Vorladung Untreue – frühzeitig reagieren

Ein Ermittlungsverfahren wegen Untreue ist eine ernste Situation. Doch mit kühlem Kopf und juristischer Unterstützung lässt sich oft frühzeitig Einfluss nehmen. Der Tatbestand des § 266 StGB ist anspruchsvoll. Ob eine Pflichtverletzung strafbar ist, hängt vom Einzelfall ab – von Strukturen, Entscheidungsbefugnissen und Dokumentation.

Wer eine Vorladung wegen Untreue nach § 266 StGB erhält, sollte so früh wie möglich einen spezialisierten Strafverteidiger einschalten – um das Verfahren aktiv zu gestalten und im besten Fall frühzeitig zur Einstellung zu bringen.

Autor

zu sehen ist ein Portrait des Fachanwalts Felix Haug.
Rechtsanwalt Felix F. Haug
  • Fachanwalt für Strafrecht
  • Spezialisiert auf Wirtschaftsstrafrecht und Unternehmsverteidigung
  • Kanzlei am Kurfürstendamm in Berlin